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Mittwoch, 11. Mai 2011

Andermatt - Furka - Genfersee

Kurzentschlossen das Velo gepackt und mit der Bahn nach Andermatt. Ziel Genfersee. Milde Temperaturen selbst hier oben; in der Eile vergesse ich die Sonnencreme für meine Beine und werde das später zu spüren bekommen.




Auf geht’s, das Wallis lockt. Mit schönem Rückenwind - einem Geschenk - rollt es in Richtung Furkasteigung. Während unten schon aller Löwenzahn verblüht ist, sind die Wiesen hier noch mit gelben Tupfern übersät. Blauer Himmel, wenig Autoverkehr, ein paar Motorradfahrer nur ... in Kürze bin ich auf der Passhöhe und geselle mich zu zwei weiteren Radfahrern, die ihr Gesicht in die warme Sonne halten.




Danach stürze ich mich freudig in die Tiefe. Beim Belvedere das übliche Bild: abgeschliffene Felsen, aber der Rhonegletscher, der hier gewirkt hat, ist nirgends mehr zu sehen. Ein dünnes Bächlein plätschert ins Tal hinunter. Traurig sieht das aus:


Ich hatte Gegenwind erwartet; er bläst jedoch von allen Seiten. Manchmal schiebt er mich ungestüm ins Tal und ich gebe mich dem Rausch hin, dann wieder greift er von der Seite ins Rad und ich zucke zusammen beim Eindruck, parallel zur Strassenmitte oder in den Abgrund verschoben zu werden. Doch bald schon bin ich im Goms, es ist noch wärmer als zuvor; raus aus der Windjacke, Kopf runter und - immer noch mit Rückenwind - gegen Westen pedalen. Jetzt läufts richtig rund.

Am Abend Übernachtung in Sierre. Knallrote Beinrückseiten; nur die frische Hotelbettwäsche kühlt etwas. Kleines, feines Logis mitten in der Stadt. Müde Beine, tausend Eindrücke im Kopf, Pizza und zwei Bier - wundervoll. Schlafe wie ein Murmeltier.


Am Morgen stahlblauer Himmel, kein Lüftchen. Dabei ist Schlechtwetter angesagt ... ich liebe das Wallis. In Sierre fängt der Süden an, lese ich irgendwo, und so kommt es mir vor als ich durch die sonnenbeschienene Talweite radle. Fast immer auf dem Rhonedammweg geht es gut voran.





Vor Martigny bereits bin ich hungrig; in der Stadt dann überfalle ich eine Konditorei und anschliessend die Distillerie Morand. Fühle mich wie ein König. Nur noch mehr Zeit hätte ich gern: statt dem Rhoneknie zu folgen geradeaus, Gr. St. Bernhard, Aosta-Tal, einfach der Lust und Nase nach, ohne Verpflichtung und Agenda ...


Ausgeruht geht’s weiter. Nun hat jedoch jemand die Windmaschine angestellt: die volle Ladung bläst mir rhoneaufwärts ins Gesicht; ich sehe meinen Zeitvorteil schrumpfen. Die Landschaft verliert etwas an Reiz und mit ziemlich viel Kraft arbeite ich mich durch, bis die Rhone breit und träge in den Genfersee mündet. Um rechtzeitig daheim zu sein verlade ich in Villeneuve und setze mich in den Zug. Zwei wundervolle Tage; ein kurzes, rasantes Erlebnis - und schon habe ich bei der Ankunft in Brugg das Gefühl, alles sei ein wenig fremd. Als ob ich lange und weit weg gewesen wäre. Ich geniesse es und lasse das Erlebte nachklingen.


Samstag, 23. April 2011

Nächtliche Ausfahrt

Der Wecker klingelt um 2 Uhr. Raus, anziehen, zwei Bananen und etwas UltraStarter. Die Nachtluft prüfen - sie ist kühl, nicht kalt (eine Fehleinschätzung, wie ich noch merken werde). Alles andere ist vorbereitet: Rucksack aufschnallen, Luftdruck prüfen, und zwanzig Minuten später schwinge ich mich aufs Rad.



Niemand ist unterwegs. Die meisten Strassenlampen sind ausgeschaltet. Tiefe Stille umgibt mich; rasch bin ich wach und freue mich auf die rund 200 km, die vor mir liegen. Den Bürersteig passiere ich gemächlich; die Lupine leuchtet mir perfekt den Weg aus. Dank ihr erkenne ich bei der Abfahrt nach Gansingen rechtzeitig ein Reh auf der Strasse, das partout nicht erschrickt. Muss es ja auch nicht; wer fährt um diese Zeit schon Rad? Aber fast wäre die Reise zu Ende gewesen.

Ich wähle heut meist die direkte Verbindung, d.h. Autostrasse. Der Asphalt ist glatt, ich kann eine schnurgerade Linie fahren, wie auf Schienen. Etzgen - Laufenburg - Stein, dann die Landesgrenze passieren. Ein Grenzwächter guckt mich an, als komme ich vom Mond. In Richtung Rheinfelden stelle ich fest, dass ich die Route genauer hätte planen müssen; zahlreiche Abzweigungen sind mir jetzt nicht geläufig und ich möchte doch gerne den Rhythmus beibehalten, statt immer wieder anzuhalten. Die 300'000-er CH-Karte leistet mir gute Dienste, doch den kleinen Anstieg zwischen Rheinfelden und Lörrach hätte ich vermeiden wollen. Der Mond begleitet mich, und nun, so nach 4 Uhr, ist es richtig kalt. Über der Landschaft, und erst recht ausserhalb von Ortschaften, liegt eisige Luft; ich versuche mir heissen Tee vorzustellen - oder eine Tankstelle, an der ich mich kurz aufwärmen kann. Die Kälte und die aufkommende Müdigkeit, kurz bevor der Tag anbricht, ärgern mich. In Lörrach kenne ich mich dann wiederum gar nicht aus und stehe kurz am Bahnhof herum. Penner liegen in der Eingangshalle und ich wärme für einige Minuten die klammen Finger auf. Hinter dem Bahnhof stehen Taxis mit laufendem Motor - damit die Fahrer, welche sich auf den heruntergeklappten Sitzen schlafengelegt haben, warm bleiben. Der Tagesanbruch scheint aber in Reichweite, und ich finde den Weg um den Schwarzwald-Ausläufer und die Ortschaft Kandern herum, ohne nochmals Höhenmeter abspulen zu müssen. In vielen Ortschaften riecht es bei der Durchfahrt nach frischem Brot, und ich muss mich beherrschen um nicht anzuhalten.



Die Vögel zwitschern schon seit ca. halb fünf, und endlich sehe ich den Lichtstreifen am Horizont. Bei Binzen fahre ich in eine Shell-Tankstelle ein, die gerade öffnet; ein verschlafener Kerl schaltet den Automaten ein und ich lasse mir eine Tasse "Brühe" in den Becher laufen. Schmeckt nicht, aber wärmt wunderbar. Eine Banane hinterher und weiter geht’s. 




Von nun an folge ich mehr oder weniger der B3 durch die Ortschaften. Zwar verläuft meist parallel ein Radweg, der macht aber bei jeder Strasseneinmündung eine weite Schleife, und die Belagsqualität ist schlechter, was ich ab k100 deutlich spüre. Ich vermisse meinen eingefahrenen Brooks-Sattel ... mehr als einmal verirre ich mich auch in kleinere Ortschaften, anstatt sie zu umfahren, oder lande auf der Autostrasse, die für Radfahrer weniger zugelassen ist. Ich wünsche mir, Teil eines Radrennens zu sein, für das die Strasse vorne einfach freigemacht wird - das wäre herrlich.

Freiburg im Breisgau ist eine schöne Stadt, aber aus meiner Idee, auf einer geraden Linie durchfahren zu können, wird nichts. Die Radwege kreuzen sich, verteilen sich, führen durch Quartiere und an Sehenswürdigkeiten vorbei, dann in die Innenstadt - es ist schön hier, aber ich gucke auf die Uhr und stelle den Rückstand auf die Marschtabelle fest. Mist. Ich verliere unendlich viel Zeit, weshalb es von nun an heisst: Kopf runter und pedalen. Die Sonne drückt zum Glück nicht so heiss, und ich komme auf der Schnurgeraden mit 30 kmh vorwärts. Doch kleinere Ortschaften, zwischendurch auch eine Bäckerei mit feinem Rosinenweck und weniger feinem Kaffee, und dann wieder Offenburg und Lahr (wie zum Teufel bin ich hierhin gekommen? Das liegt gar nicht auf der Spur …) lassen die Verspätung wachsen.

Der Kopf wird leer, spätestens ab k150 bildet sich eine wohltuende Einheit zwischen mir und dem Rad. Ich komm mir vor wie Pacman, der Punkte frisst, und lasse die Kilometer unter den dünnen Reifen hinter mir. Am liebsten würde ich auf der Autostrasse dahinsausen; jede Kurve, Radweg-Einmündung und jeder Umweg stört die gleichmässige Bewegung. Scherben auf der Strasse; kurz darauf verräterisches Zischen - die Luft entweicht rasch aus. Ebenso schnell ist das Rad repariert, und weiter geht es, der Genussstrecke entlang:


 Knapp über Zeitvorgabe erreiche ich das Ziel. Müde, verschwitzt, durstig ... so soll es sein.



Montag, 7. Februar 2011

Der Radweg zwischen Brugg und Villnachern ist bald fertiggestellt – wunderbar für kurze Abstecher ins Schenkenbergertal. Ich bin nicht allein; einige Radfahrer sind unterwegs. Bis zum Schloss Kasteln, welches in der strahlenden Sonne leuchtet ...



... geht’s in meinem Tempo. Aber in Oberflachs überholt mich ein älterer Herr (silbernes Haar unter dem Helm) mit forschem Tritt. Ich bin überhaupt noch nicht trainiert, und doch sticht mich der Hafer. Übermütig verschärfe ich ausgangs Dorf den Gang; er verlangsamt ein wenig, aber der Kerl ist fit und ich schaffe es nur, an ihm dran zu bleiben. Statt gemütlich hochzupedalen und die Landschaft zu geniessen ziehen wir energisch zur Staffelegghöhe hoch – dann grinst er kurz über die Schulter und verschwindet gegen Westen. Ich keuche, schwitze, beruhige mich, geniesse die Aussicht – und stürze mich danach ins Tal zurück.



Manchmal, im Rausch der Höchstgeschwindigkeit, durchzuckt mich ein Gedanke: Wenn jetzt eine Katze vor das Rad läuft? Hab ich mir früher nie überlegt ... eine Alterserscheinung? Na, was geschieht wohl? Fauchen, sprühende Funken, ein Knäuel aus Fell, Velo und mir ... dann Filmriss und anschliessend - Pflege. Oder Pathologie. Genau so schnell wie der Gedanke kommt ist er wieder weg und ich fahre, mit leicht übersetzter Geschwindigkeit, in Oberflachs ein. Keine Katze in Sicht.
Schade gibt’s nicht mehr solche Pässe vor der Haustüre!

Montag, 3. Januar 2011

Start zur Rennvelosaison?

Man kann vom Winter halten, was man will. Ich stehe dazu: hier unten im Flachland kann er mir gestohlen bleiben. Der zweite Weihnachtstag ist eine Ausnahme - glitzernder Pulverschnee und vor allem: Sonne und blauer Himmel, so dass die Stimmung leicht und die Gedanken frei werden. Dann jedoch fertig Ausnahme und tagelang wieder Regel: ein Himmel in der Farbe von Haferschleim und auf den Feldern müde Schneereste, welche direkt zu Nebel werden. Nun gut, nach sieben Tagen Grau zeigt sich wieder Licht, und wie! Mich packen Frühlingsgefühle und das Rennvelo auch, es ruft aus der Garage. Sollen andere sich am Skilift die Beine in den Bauch stehen oder auf vereisten Pisten herumkratzen: mir gehört heute die Strasse, mir ganz allein. Eisfrei und trocken, kaum jemand ist unterwegs, wunderbar.


Da fühle ich mich wie ein König auf dem Hochrad und radle, bis die Sonne ihre flache Bahn hinter dem Waldrand fortsetzt und mir die Kälte durch die Handschuhe dringt. Kaum zu glauben, dass schon in wenigen Monaten hier Grillen zirpen und das Heu gemäht wird ...




Montag, 4. Oktober 2010

Oktobermorgen

Mein letzter Beitrag trägt noch die Handschrift des Sommers, doch dieser hat sich verabschiedet. Laufen mit Stirnlampe ist wieder Pflicht, eine weitere Bekleidungsschicht darf auch nicht fehlen - jedenfalls frühmorgens oder am Abend. Aber tagsüber hat die Sonne noch Kraft, wie am vergangenen Wochenende. Und es gibt vor der Haustür Bilder, die bald nur noch in den Bergen möglich sind: Bilder vom Nebelmeer. Ich fahre durch Villigen den Rotberg hoch, die milchigen Schwaden verziehen sich im trockenen, warmen Föhnwind, und sogar einige wenige Grillen zirpen im Gras:


Nur ein kurzer Ausflug ist es bis zur "Passhöhe". Rechtsumkehrt, den Schweiss aus den Augen reiben, und den Blick nach unten richten. "Seltsam, im Nebel zu wandern" würde Hermann Hesse jetzt (noch) nicht sagen, sondern mit Eichendorff der Seele erlauben, die Flügel auszuspannen ...